It`s not just a job.

Die Junge Akteur*innen-Produktion Like a Virgin ist eingeladen zum Theatertreffen der Jugend. Rebecca Hohmann, künstlerische Leitung des Jungen Theaters, spricht mit den Regisseurinnen Christiane Renziehausen und Nathalie Forstman über ein Schmusical, bei dem nicht geschmust werden darf.

Rebecca Hohmann: Aus so vielen Bewerbungen ausgewählt zu werden und an diesem Festival teilnehmen zu dürfen, ist eine große Bestätigung eurer Arbeit. Was bedeutetet das für jede einzelne von euch? Werdet ihr das zukünftig in eurem Lebenslauf erwähnen? Könnt ihr auf Anfragen für Regiearbeiten an anderen Häusern hoffen?

Christiane Renziehausen: Wir waren in den letzten Jahren immer wieder mit Arbeiten von uns beim Theatertreffen der Jugend nominiert und nun eingeladen zu sein, ist eine große Ehre.  

Nathalie Forstman: Wir freuen uns über die Anerkennung, und natürlich auch über die Möglichkeit für unser Ensemble, beim Festival teilnehmen zu können. Christiane und ich arbeiten ja auch unabhängig voneinander als Regisseurinnen; dass jetzt unsere gemeinsame Inszenierung auf dem Festival zu sehen ist, ist besonders schön. Und ja, natürlich darf man sich damit im Lebenslauf schmücken, und erreicht vielleicht einen etwas größeren Radius an Menschen mit seiner Arbeit.

Worin liegt der Reiz als Regisseurin mit jungen Menschen auf der Bühne zu arbeiten und was ist die besondere Herausforderung dabei? Wie habt ihr die Arbeit zu Like a Virgin erlebt?

Christiane Renziehausen: Für mich liegt der Reiz darin, dass ein solches Projekt oft die erste intensive Theatererfahrung für die Jugendlichen ist. Das macht es sehr besonders. It`s not just a job. Und es ist viel mehr als Theater machen, es sind zahlreiche Begegnung und Auseinandersetzungen, die in einem solchen Projekt stattfinden. Im besten Sinne. Sowohl Auseinandersetzungen mit einem Thema, mit Theaterformen und mit den vielen Menschen, die gemeinsam ein solchen Projekt realisieren.

Nathalie Forstman: Die Arbeit an diesem Projekt war besonders intensiv, weil die Themen teilweise so intim waren, und so fragil. Ich habe es in diesem Prozess mehr noch als sonst erlebt, dass wir uns wirklich gemeinsam auf die Reise gemacht haben, dass auch Christiane und ich unsere Unsicherheiten transparent gemacht haben und viel von uns preisgegeben haben. Nur so hat es sich für uns ehrlich angefühlt. Wir wollten die Jugendlichen nicht „anzapfen“ für interessanten Content für das Stück, sondern wir wollten gemeinsam etwas herausfinden. Ab einem gewissen Punkt haben wir dann als Regisseur*innen angefangen, das Material in eine künstlerische Form zu bringen, und Entscheidungen zu treffen. Aber auch hier haben sich die Jugendlichen immer wieder eingebracht und wurden gehört.

Wie habt ihr es geschafft ein so großes Ensemble mit zwölf Spieler*innen durch die Pandemie zu lotsen? Auf welche szenischen Bedingungen musstet ihr Rücksicht nehmen? Wieviel Schmusen war möglich bei diesem Schmusical?

Christiane Renziehausen: Es war leider kein Schmusen möglich, obwohl wir uns das ursprünglich so vorgestellt haben. Es war sehr schwierig sich von den ganzen Bildern zu verabschieden, die sich aufgrund der Maßnahmen (Abstand und Maske) so nicht mehr umsetzen ließen.

Aber wir hatten die Wahl zwischen kein Theater machen oder Theater unter bestimmten Bedingungen realisieren. Kein Theater war für uns keine Option. Und so sind bestimmte Handlungen Teil der Inszenierung geworden, wie zum Beispiel Mikrophone desinfizieren oder Maske aufsetzen, wenn die Jugendlichen tanzen.

Der Untertitel heißt: ein Schmusical. Ist das ein Genre, das ihr neu erfunden habt? Was kann man sich unter einem Schmusical vorstellen?

Nathalie Forstman: Ehrlich gesagt war das zuerst einfach ein Witz, ein spontanes Wortspiel, so daher gesagt. Es war klar, es soll unter anderem um Sexualität gehen, und es wird gesungen. Unsere damalige Kollegin war total begeistert von dem Untertitel und so hat er es aufs Plakat geschafft. Als Genre wird es sich vielleicht nicht durchsetzen, da ließe sich unsere Inszenierung auch eher als Diskurs-Musical einordnen. Aber wer braucht schon Genres, wenn man ein Schmusical haben kann?

Das Festival kann leider nicht in Berlin stattfinden, sondern wird digital ausgerichtet. Was geht dabei verloren?

Nathalie Forstman: Uns tut das vor allem für unsere Spieler*innen leid! Zehn Tage Berlin, Theater gucken, Workshops, hundert andere theaterbegeisterte junge Menschen treffen und diskutieren, feiern, rumhängen. Das ganze „Dazwischen“, um das es beim Theater machen ja auch geht. Das hätten wir ihnen so gerne ermöglicht.

Christiane Renziehausen: Das Erlebnis auf der Bühne der Berliner Festspiele zu spielen, den Sound über die riesigen Boxen hören, die Aufregung vor so vielen Menschen zu spielen, das ist mit einem digitalen Festival bestimmt nicht vergleichbar. Aber natürlich hoffen wir, dass wir zusammen trotzdem viele tolle Theatermomente im Digitalen erleben können und darüber Begegnungen und Austausch untereinander stattfindet.

Vom 28. Mai bis zum 2. Juni findet das Theatertreffen der Jugend in diesem Jahr statt und Like a Virgin wird am 2. Juni um 19 Uhr über die Festivalhomepage gestreamt. Wie werdet ihr an dem Festival teilnehmen?  

Christiane Renziehausen: Wir haben unser Stück Mitte Mai noch einmal wieder aufgenommen und es für den digitalen Raum gefilmt. Das Stück wird also nun als Filmversion beim Festival vertreten sein. Es war für uns nach einer so langen Zeit ohne Theater ein großes Geschenk, endlich wieder proben und spielen zu dürfen – wenn auch nur für die Kameras.

Nathalie Forstman: Es wird ein ganz ungewohntes Gefühl sein, am 2. Juni mit den Spieler*innen zusammen die Filmversion unserer Produktion anzuschauen und sich dabei vorzustellen, dass alle anderen jetzt auch gerade diese Inszenierung sehen. Vor allem für die Jugendlichen ist das ja komplett verrückt; normalerweise würden sie auf der Bühne stehen, und ein ganz anderes Erleben der Situation haben. Die Festivalmacher*innen haben außerdem ein digitales Rahmenprogramm auf der Plattform Gather-Town entwickelt, sowohl für die Jugendlichen als auch für die Spielleiter*innen. Wir sind sehr gespannt darauf und freuen uns, mit unserem Ensemble Teil dessen zu sein.