Lecker: Lichtgrenze! Neues Kantinenprojekt im Theater

Seit September betreibt das Projekt Lichtgrenze die Theaterkantine. Dabei entsteht nicht nur gutes Essen, sondern auch eine Integrationsmöglichkeit für Menschen mit Fluchterfahrung. Diana König hat mit der Projektleiterin Saher Khanaqa-Kükelhahn und Koordinator Rami Abou Asse gesprochen.

Erstmal das Wichtigste: Was gibt es heute in der Kantine?

Saher Khanaqa-Kükelhahn: Sopa paraguaya, weil Nelson Valdez, Trainer der U23 bei Werder Bremen heute bei uns in der Kantine kocht. Er kommt aus Paraguay und das ist sein Lieblingsessen. Der Erlös wird an ein Kinderprojekt gespendet. Wir haben alle selbst die Erfahrung gemacht, dass man manchmal Hilfe braucht und deswegen helfen wir gern und organisieren manchmal solche Aktionen. Aílton kommt auch noch ...

Seit September betreibt ihr die Kantine im Theater Bremen. Wie ist euer erster Eindruck?

Saher Khanaqa-Kükelhahn: Wir haben den Eindruck, dass die Theaterleute auf gutes Kantinenessen gewartet haben und sich jetzt auch freuen über das vielfältige Angebot. Und es kommt auch total gut an, dass man in die Küche rein gucken und beim Kochen zu sehen kann.

Rami Abou Asse: Die Mitarbeitenden vom Theater sind von Anfang an super offen gewesen, wir wurden viel unterstützt. Sie sind auch sehr neugierig auf das Essen.

Saher Khanaqa-Kükelhahn: Wir brechen auch manche inneren Bilder, das merken wir schon.  Zum Beispiel tragen bei uns Mitarbeiterinnen auch Kopftuch,  sie sind aber im Umgang sehr offen und sehr freundlich und diese Offenheit wundert dann manchmal den einen oder die andere.  

Rami Abou Asse: Aber wir passen auch gut zueinander, denn im Theater kommen auch ganz viele Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern.

Lichtgrenze“ heißt das Projekt: Wie kam die Idee?

Saher Khanaqa-Kükelhahn: Wir sind von Michael Börgerding angesprochen worden. Seine Frau und er kennen unsere Arbeit im Bürgerzentrum Neue Vahr. Dort bieten wir seit Jahren viele Beschäftigungsverhältnisse an,  bei denen wir Menschen mit Migrationshintergrund oder Fluchterfahrung in den Beruf integrieren. Viele Menschen, die hierher kommen, haben große Kompetenzen, aber durch die Sprachbarriere werden diese Kompetenzen nicht gesehen. Dadurch werden sie auch wenig genutzt, die Integration fokussiert sich oft auf die sprachliche Ebene und konzentriert sich nicht auf die beruflichen Kompetenzen. Im Bürgerzentrum bündeln wir Sprache und berufliche Kompetenzen: Wir bilden Lehrer:innen zu Assistent:innen in Schulen um. Wenn man 500 Stunden tatsächlich in einer Schule als Assistent:in arbeitet, lernt man viel mehr Sprache als wenn man acht Stunden täglich selbst die Schulbank drückt. Natürlich gibt es dazu aber berufsbezogene Sprachkurse.

Rami Abou Asse: Als Migrant kann ich sagen, dass das viel Sinn macht, denn das war für mich anfangs  eine Herausforderung, eine Arbeitsstelle zu finden, ohne das Zertifikat für das Sprachniveau B2 zu haben. Durch eine Ausnahmeregelung habe ich eine Stelle als Verkäufer gefunden und das hat mich sprachlich wirklich weitergebracht. Es hilft total, wenn man die Sprache wirklich in seinem Alltag spricht und merkt, dass man sie dort braucht. Das macht es viel leichter.

Wie finanziert sich das Projekt?

Saher Khanaqa-Kükelhahn: Wir vom Bürgerzentrum Neue Vahr finanzieren den Koch und einige Mitarbeiter:innen. Die Praktikantinnen absolvieren sprachbezogene Maßnahmen mit Praktikumseinsatz und werden über Aktivierungsgutscheine bezahlt. Die Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine kommen vom Jobcenter und der Arbeitsagentur und sollen einen niedrigschwelligen Einstieg ins Berufsleben ermöglichen. Die Stelle von Rami als Koordinator wird vom Theater Bremen getragen.

Wie viele Leute arbeiten fest in der Kantine und wie viele kommen dazu?

Rami Abou Asse: Ich bin als Koordinator für Personalplanung, Einkäufe, Essenspläne, das Kulturprogramm, die Kommunikation zwischen Theater und Kantine verantwortlich. Robert Schadeweg ist Koch und Praktikumsleiter, bei ihm erfährt man nicht nur, was tranchieren ist, sondern auch wie es geht. Für alle Veranstaltungen, in denen Sprachförderung eine Rolle spielt, sind Kauser und Jasmin Mireh verantwortlich, genauso wie für die Sprachförderung der Praktikant:innen. Dazu kommen dann alle sechs Monate sechs Praktikant:innen, die jeweils drei Tage die Woche in der Kantine sind und an zwei Tagen Sprachwerkstätten absolvieren.

Welche Kriterien müssen die Menschen, die dazu kommen, erfüllen?

Saher Khanaqa-Kükelhahn: Sie müssen Lust haben auf Gastronomie und da später auch arbeiten wollen. Sie müssen einen Aktivierungsgutschein haben. Und sie müssen über 18 Jahre alt sein. Besonders schön ist, dass wir mit dem Theatro eine Kooperation haben, so dass das Praktikum auch im Theatro absolviert wird und unsere Praktikant:innen da dann ein paar Wochen nochmal in eine andere Art der Gastronomie Einblick bekommen können.

Ihr habt jeden Monat kulinarisch gesehen einen anderen Schwerpunkt, wie ist da das Konzept?

Rami Abou Asse: Im Theater gibt es so viele Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen und die würden wir gern alle ansprechen. Zum einen, um ihnen eine Freude zu machen, zum anderen, um ihren Kolleg:innen den jeweiligen Hintergrund näher zu bringen. Und dann ist es auch nicht so langweilig, weil es nicht immer das gleiche Essen gibt. Diesen Monat haben wir südamerikanische, lateinamerikanische und mexikanische Gerichte auf der Karte.

Saher Khanaqa-Kükelhahn: Die Idee von unseren Projekten ist immer, dass wir auch Diversität reinbringen in Institutionen – über das Essen kann man viel über andere Kulturen, über andere Menschen lernen. Dabei ist es uns besonders wichtig, auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten.

Es geht nicht nur darum, dass die Theatermitarbeiter:innen satt werden, ihr bietet außer leckerem Essen noch einiges andere an. Was zum Beispiel?

Rami Abou Asse: Richtig. Wir bieten Kochkurse, Tanzkurse, Sprachtandems und das Global Café: Hier ist Raum für Begegnung zwischen Bremer:innen und Menschen, die Bremen und die Sprache kennenlernen wollen. Dabei gibt es Kaffee und Kuchen umsonst.

Warum ist es euch wichtig, auch ein kulturelles Angebot zu machen?

Saher Khanaqa-Kükelhahn: Wenn wir zusammen kochen oder Salsa tanzen ist das eine andere Begegnung, als wenn wir nur das Essen rausgeben. Als Menschen begegnen wir uns auf viele verschiedene Weisen, und im gemeinsamen Tun lernt man am meisten voneinander.

Wenn ich nicht im Theater arbeite, darf ich dann auch kommen?

Saher Khanaqa-Kükelhahn: Ja, klar.

 

Lichtgrenze

Kantine des Theater Bremen
Ein Projekt vom Bürgerzentrum Neue Vahr e. V.

 

Öffnungszeiten

Montag bis Freitag: 8 – 15:30 Uhr sowie 17 – 20 Uhr 

Samstag: 17 – 20 Uhr 

Sonntag: 17 – 20 Uhr 

Zugang über die Bühnenpforte des Theater Bremen