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Schauspiel #Interview

Neu im Ensemble #3: Christian Freund

Studierter Germanist, Schauspieler, Filmvorführer, Licht- und Tontechniker, Organist und Türsteher: Der 30-jährige Christian Freund hat einiges an Berufserfahrung. Pressesprecherin Diana König hatte die richtigen Schuhe an und durfte in den Club … ein Gespräch.

Christian, dein Einstieg hier war düsterer spatz am meer / hybrid (america), da hast du mit Armin Petras gearbeitet. Wie war das?

Christian Freund: „Ich finde, es war ein toller Start. Wirklich ein wunderbares Ensemble und ich bin sehr offenherzig und freundlich empfangen worden. Und was die Arbeit mit Armin angeht, habe ich das Gefühl, dass Armin seine Schauspieler liebt und ihnen immer wieder viel Energie gibt. Er liebt sie auf eine spezielle Art und Weise, die man erst mal durchschauen muss. Es ist auf jeden Fall toll, jemanden zu haben, von dem man merkt, dass man ihm zu 100 Prozent vertrauen kann. Ich hatte das Gefühl, dass er alles für die Sache, für das Gesamtkunstwerk, macht. Das mochte ich. Ihm ist es auch wichtig, was die Leute im Hintergrund machen. Jede Kleinigkeit hat Bedeutung. Alles gehört zur Atmosphäre. Das ist immer wieder eine interessante Arbeitserfahrung. Ich hatte bei den Proben das Gefühl, dass ich aus dieser Arbeit etwas mitnehmen und mich weiterentwickeln kann. Außerdem sind viele der Ideen, die er hat, einfach nicht die herkömmlichen Regie-Ideen und er hat das Stück während des Prozesses immer weiterentwickelt. Das ist immer wieder toll, einem Regisseur und auch Autor so quasi in den Kopf zu gucken.“

Im Stück warst du als einziger Schauspieler durchgängig mit derselben Rolle besetzt – alle anderen haben die Rollen gewechselt und/oder sich Rollen geteilt. Hast du viel über deine Figur und ihre Stetigkeit in der Inszenierung nachgedacht?

Christian Freund: „Das stimmt so nicht ganz. Es gibt zwei Schauspieler*innen, die im Stück durchgängig mit derselben Rolle besetzt sind. Verena Reichardt als meine Mutter Mrs. Hamilton spielt auch nur diese Figur. Vielleicht sind wir keine Hybriden. Ich glaube das hängt auch mit der Familiengeschichte zusammen. Dieses Firmenimperium, das wir als Familie verkörpern, zieht sich ja auch durch das Stück. Aber das vielleicht Interessanteste an meiner Figur Yves ist, dass sie zwei Mal die Geschichte einschneidend verändert: Einmal, als die Firma nach dem Tod des Vaters bankrott zu gehen droht, und er die Idee hat, seinen abgehauenen Bruder Martin zu überreden, den Chefposten zu übernehmen. Das andere Mal ist er es, der durch Insiderwissen die Weltfinanzkrise und vor allem den Crash der Immobilienblase voraussagt und so nicht nur die Firma rettet, sondern der Firma zu außerordentlichem Reichtum verhilft. Yves ist ein Buchhalter und Realist. Nicht wie sein Bruder Martin – eine Führungspersönlichkeit und Visionär. Die beiden funktionieren auch irgendwie nur zusammen. Und vielleicht wechseln die Buchhalter ihre Rolle erst hinter verschlossenen Türen. “

Borderline-Prozession, eine fast schon legendäre Produktion von Kay Voges. Ich bin schon immer neidisch auf alle, die die gesehen haben, jetzt hast du darin gespielt. Überhaupt hast du mit vielen tollen Regisseur*innen gearbeitet. Verändert das den Anspruch?

Christian Freund: „Ich hab Lust auf interessante, neue Konzepte und Narrative. Und da gibt es viele Regisseur*innen, die da auch dran interessiert sind. Das kann auch jemand sein, der gerade von einer Regie-Schule kommt oder einfach aus der freien Szene, und was Tolles vorhat. Der Anspruch verändert sich ja im Leben immer, aber das hat nichts mit der Größe der Produktion zu tun, sondern mit der Herangehensweise, und mit der Lust, die verschiedensten Arten und Weisen Theater zu denken und kennenzulernen. Wir haben auch gerade in Essen einen Theater-Verein gegründet und jetzt ein Ladenlokal angemietet, in dem wir Theater machen werden. Es macht mir einfach großen Spaß, neues, alternatives, gesellschaftsbezogenes Theater zu entwickeln.“

Ach, das ist ja spannend, erzähl mal was über das Theater in Essen.

Christian Freund: „Wir haben im August den Verein DispoDispo e.V. gegründet und im Oktober jetzt ein Ladenlokal angemietet, in dem wir Formate entwickeln werden – von Lesereihen über performative Arbeiten bis hin zu neuen, freien Formaten, mit denen wir gerade experimentieren. Zwei Freunde haben ein Stück geschrieben, das heißt Hoppla Apokalyptiko 2020, an dem ich auch mitgearbeitet habe, und das wird im November Premiere haben – aber noch nicht bei uns im Theater. Da braucht es noch etwas Vorbereitungszeit für.“

Wie heißt es denn?

Christian Freund: „Der Verein heißt, wie gesagt DispoDispo e.V. und unser neues Theater ist in Essen am Viehofer Platz. Wir wünschen uns dafür den Namen AmVieh-Theater, aber wir müssen noch klären, ob wir ihn verwenden dürfen.“

Ist das ein Zukunftstraum – ein unabhängiges Theater zu haben?

Christian Freund: „Ach, das weiß ich gar nicht. Aber es macht Spaß, zusätzlich zu diesem schönen Engagement hier in Bremen noch ein zweites Projekt zu haben - ein spannendes Experiment. Ich werde da im kleinen Rahmen auch eigene Inszenierungen entwickeln und darauf freue ich mich.“

Jetzt arbeitest du mit Elsa-Sophie Jach in WÜST oder Die Marquise von O…. – Faster Pussycat! Kill! Kill! – kannst du dir den Titel merken?

Christian Freund: „Ja. Ich finde ihn gar nicht so schwierig, wenn man einmal dahinter gekommen ist, dass das eine Verbindung ist zwischen Die Marquise von O. von Heinrich v. Kleist und dem Film Faster Pussycat! Kill! Kill! von Russ Meyers. Dann hast du den Untertitel und der eigentliche Titel WÜST ist ja nur ganz kurz. WÜST finde ich übrigens einen tollen Titel für dieses Stück, das Enis Maci aus diesen beiden Stoffen verwoben hat.“

Warum?

Christian Freund: „Weil es auf eine gewisse Art und Weise die Innerlichkeit mancher Figuren beschreibt und weil er so ambivalent ist. Einmal habe ich die Assoziation von Wüste und gleichzeitig von „verwüstet“ – aber ich will jetzt auch nicht spoilern, was die Pussycats so machen …“

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