Neu im Ensemble #5: Frederik Gora

Ein Gespräch über Theater, Philosophie und ein bisschen auch über Schweine: Frederik Gora über seine Liebe zum Dialogischen im Dialog mit der Pressesprecherin Diana König.

Du hast Philosophie und Germanistik in Frankfurt am Main und in Berlin studiert. Was wolltest du werden?

Frederik Gora: Ach, ich dachte irgendwie Professor wäre ganz cool. (lacht) Nein, ich habe damit nicht direkt einen Berufswunsch verknüpft. Es hat mich interessiert, an grundsätzlichen Fragen zu forschen. Es hat mich aber irgendwie auch rausgetrieben aus der Philosophie und deswegen habe ich mich gegen den Master entschieden. Ich wusste nicht so richtig, was das alles mit dem Berufsleben zu tun hat. Da war für mich Theater tatsächlich die sicherere Option.

Was hat dich dann dazu bewogen, auf die Schauspielschule zu wechseln – das ist ja jetzt nicht die einzige Alternative …

Frederik Gora: Ich hatte eine ziemlich große Sehnsucht nach einer körperlichen, emotionalen Arbeit – und bei den Theatererfahrungen, die ich schon gemacht hatte, hat es mich begeistert, in einen gemeinsamen Prozess einzusteigen: ein Stück zu entwickeln, gemeinsam an etwas zu arbeiten. Dieses Dialogische tut mir einfach gut. Das Studium, das ich gemacht habe, hat bei mir ein starkes Bedürfnis nach Praxis erwachsen lassen. Ich hatte das Schauspiel lange Zeit im Hinterkopf und habe gemerkt, dass das passt und dann bin ich da dran geblieben.

Wie unterscheiden sich Philosophie machen und Theater spielen voneinander?

Frederik Gora: Ich habe in den letzten beiden Jahren viel Improvisation gemacht –  lustigerweise mit einer ehemaligen Philosophie-Kommilitonin aus Frankfurt. In der Improvisation, im freien Spielen gibt es die Möglichkeit, Setzungen zu machen: eine Freiheit zu setzen, die nicht unmittelbar begründet werden muss. Philosophie bewegt sich in einem Begriffssystem. Da muss man erklären, was man meint, wenn man von Freiheit spricht. Es gibt da immer eine Bringschuld, man muss ein Fundament für den Begriff aufweisen. Das freie Spielen hat mehr Raum dafür, assoziativ zu sein, unlogisch, sich direkt zu widersprechen. Zudem mag ich es mehr, den Prozess zu veröffentlichen – also einfach drauf loszuspielen und dann steht das zur Diskussion – als in der stillen Kammer zu philosophieren. Dann verwerfe ich alles selbst wieder und am Ende kommt nur ein Schnipsel von dem ganzen Denkprozess dabei raus und das ist dann vielleicht gar nicht das, was interessant war.

Dein Debüt am Moks hast du mit C0N5P1R4.CY gegeben – einem Stück, das sich mit Verschwörungserzählungen auseinandersetzt. Das war eine Stückentwicklung, ihr habt gemeinsam mit dem Regisseur Konradin Kunze den Text erarbeitet, euch mit dem Thema auseinandergesetzt. Das klingt für mich nach einem sehr intensiven Einstieg …

Frederik Gora: Ja, das war es definitiv. Das war eine Produktion, in der wir sehr viel diskutiert haben, auch viel Grundsätzliches. Wir wollten einerseits nicht harmlos sein und an der Realität vorbeigehen. Wir wollten aber auch nicht die Erzählungen, die antisemitisch und antifeministisch sind, auf der Bühne reproduzieren. Wir haben wirklich viel diskutiert und das war eine schöne Erfahrung, dass wir im Team alle die Geduld dazu hatten, die Auseinandersetzungen zu führen. Und die Auseinandersetzung mit dem Thema geht auf jeden Fall weiter – bei den Nachgesprächen: Die Schüler*innen, die wir bis jetzt hatten, konnten da ziemlich andocken und es ist überraschend, wie informiert die teilweise schon sind. Immer wenn wir das spielen, was ja bisher noch nicht so oft war, kommt es mir sehr sinnvoll vor, das zu machen.

Weil du damit eine Lebenswirklichkeit der Schüler*innen triffst?

Frederik Gora: Ja, absolut, das ist ja gerade ein Riesenthema.

Du warst auf der Akademie für Darstellende Kunst in Baden-Württemberg, die ist in Ludwigsburg, geboren bist du in Bielefeld – jetzt lebst du in Bremen: Hattest du schon Zeit, die Stadt ein bisschen kennenzulernen?

Frederik Gora: Vor allem das Viertel. Da habe ich schon einen schönen Platten- und einen schönen Buchladen entdeckt. Und das Tiergehege im Bürgerpark gefällt mir auch sehr. Da war ich nur ein bisschen schockiert: Es gab doch Ferkelnachwuchs und den wollte ich mir letztens nochmal angucken. Und dann waren die weg. Ich hoffe, die hat noch niemand gegessen …

Das finde ich schön, dass du ein Herz für den Nachwuchs hast. Apropos: Warum hast du dich für das Moks entschieden?

Frederik Gora: Bei dem, was ich im Vorfeld über das Moks gehört habe, hatte ich stark das Gefühl, dass man sich da auf Augenhöhe begegnet und Dinge miteinander entwickelt – und das ist eine Art zu arbeiten, die mir gefällt.

Wenn du jetzt in die Zukunft schaust: Was erhoffst du dir von deiner Zeit in Bremen? Gibt es etwas, dass du gern können würdest, wenn du wieder gehst oder etwas, was du gern gemacht haben würdest?

Frederik Gora: Es ist so, dass ich in den letzten Jahren viel unterwegs war und ich jetzt total Lust habe, in der Stadt anzukommen und mir etwas aufzubauen.