Neu im Ensemble: Hidenori Inoue
Oper war für ihn keine Option und bedeutete dann alles: Der japanische Bassbariton Hidenori Inoue singt erst, seitdem er 28 ist. Seit dieser Spielzeit gehört er fest zum Ensemble und gibt sein Bremen Debüt nun in Doctor Atomic. Diana König, Pressesprecherin am Theater Bremen, hat ihn getroffen.
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Du hast in New York Musik studiert – das ist jetzt nicht so erstaunlich, und, das ist schon außergewöhnlicher für einen Opernsänger, in Kyoto Jura. Wie kam’s?
Hidenori Inoue: Als ich aufwuchs, mochte ich überhaupt keine Musik, um ehrlich zu sein, habe ich Oper gehasst. Meine Eltern haben beide professionell an der Oper gesungen, und auch meine Großeltern, alle vier, waren Musiker:innen: sie waren Dirigenten, Komponisten und Musiktherapeuten. Ich habe alles gemacht, nur keine Musik, ich wollte dieser Familientradition nicht folgen. Nach der Schule habe ich dann im Großhandel gearbeitet, in einem Laden, in dem Lebensmittelgeschäfte ihre Lebensmittel eingekauft haben. Dabei habe ich ganz interessante Menschen kennengelernt, auch welche, die eher im Untergrund gearbeitet haben … die meinten dann jedenfalls, dass ich zu smart für den Job wäre und lieber studieren gehen sollte. Dann habe ich entschieden, Jura zu studieren, weil die japanische Gesellschaft sehr juristisch funktioniert und ich dachte, dass das der richtige Weg ist, wenn ich Geld machen will. Meine Schwerpunkte waren Strafrecht und Internationales Recht und ich bin dann in die Geschäftswelt eingestiegen. Ich habe für eine große japanische Firma gearbeitet und bin dann als Sales Manager in ein US-amerikanisches Unternehmen gewechselt. In den USA dachte ich, ich könnte das Singen vielleicht als Hobby ausprobieren, auch weil ich gern etwas von meinen Eltern mitnehmen wollte. Schon nach der ersten Gesangsstunde habe ich es geliebt.
Und diese Stunde hat dann alles verändert?
Hidenori Inoue: Ich wollte direkt Opernsänger werden. Alle um mich herum waren total geschockt. Es war auch hart: Ich war 28 Jahre alt, die anderen in meiner Klasse 18. Dann haben sie mich nach dem ersten Jahr an der Manhattan School of Music aber drei Jahre überspringen lassen und ich konnte direkt in die Master-Klasse einsteigen. Aber ich musste alle Fehler, die andere in zehn Jahren machen, in einem machen.
Du hast aber sehr viel in den USA gearbeitet: in New Orleans, Chicago, Austin. Wie lange bist du so gereist?
Hidenori Inoue: Sechs Jahre bin ich so durch die USA getourt.
Wirst du das Unterwegs-Sein vermissen?
Hidenori Inoue: Ja, manchmal vermisse ich es. Aber auf der anderen Seite war ich in diesen Jahren wirklich nie zu Hause. Vielleicht zusammengenommen auf ein Jahr mal einen Monat.
Das erste Mal werden wir dich jetzt in Doctor Atomic auf der Bühne sehen und zwar als Edward Teller. Er ist ein bisschen ein Gegenspieler von Oppenheimer, war für die Entwicklung der Wasserstoffbombe und hat sich für Aufrüstung auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs eingesetzt. Hast du dich mit der historischen Person beschäftigt?
Hidenori Inoue: Das mache ich jetzt. Ich denke, Dr. Teller ist wissenschaftlich ehrgeiziger gewesen als Oppenheimer, aber auch gefährlicher. Er hat nie aufgehört, Bomben bauen zu wollen.
Aus musikalischer Sicht: Was magst du an dieser Partie?
Hidenori Inoue: Er ist sehr gradlinig. Sowohl musikalisch als auch in dem, was er will. Und die Musik hat viele Ebenen, sie ist manchmal sehr zart und manchmal sehr intensiv. Diesen Wechsel mag ich.
Dein Lebenslauf verrät abgesehen von deinem Jura-Studium recht wenig über dich. Was machst du, wenn du nicht singst?
Hidenori Inoue: Ich reise gern und lerne gern neue Menschen kennen, neue Kulturen und neue Arten von Musik. Und ich arbeite gern und viel wissenschaftlich, ich interessiere mich für Religion und Spiritualität.
Wenn du auf die nächsten Jahre in Bremen schaust, was erhoffst du dir für die kommende Zeit?
Hidenori Inoue: Dass ich Teil dieser schönen Stadt und dieser Menschen hier werde, dass ich Kunst mache und nicht nur singe. Ich möchte Menschen berühren, sie Abstand zu ihrem Alltag gewinnen lassen und ihnen ermöglichen, über ihr Leben nachzudenken.
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Opera was not an option for him and then meant everything: Japanese bass-baritone Hidenori Inoue has only been singing since he was 28. He has been a permanent member of the ensemble since this season and is now making his Bremen debut in Doctor Atomic. Diana König, press officer at Theater Bremen, met him.
You studied music in New York - which isn’t that surprising - and, more unusual for an opera singer, law in Kyoto. How did that happen?
Hidenori Inoue: I actually didn’t like music when I was growing up, in fact I hated opera. Both of my parents were opera singers and their parents where musicians, too. All four of them, they were music therapists, composers, conductors. As a kid, I did anything except music, as I did not want to follow that family tradition. After school, I worked in wholesale. There, I met some interesting people, underground people, who told me I was too smart for this kind of job and that I should go study. I decided to study law because the Japanese society is very much run by law and I thought that was the way to go if I wanted to make money. I put a focus on criminal and international law and decided to join the business world. I was working at a big corporation in Japan first and then joined a big company in the United States as a Sales Manager. There I finally thought I should start singing as a hobby, because I wanted to inherit something from my parents. After one lesson, I fell in love with it.
One lesson changed everything?
Hidenori Inoue: Yes. I decided to become an opera singer after one lesson. Everyone was shocked. It was hard, I was 28 years old and my classmates were 18. But after the first year in the Manhattan School of Music, they let me skip three years and I was allowed to join the master class.
Are you kind of a natural talent then?
Hidenori Inoue: I was lucky enough to have a voice, but because I started late I had one year to make all the mistakes people usually make in ten years.
You have worked a lot in different opera houses in the United States: New Orleans, Chicago, Austin. How long did you tour like that?
Hidenori Inoue: I’ve been touring the States for six years.
Will you miss being on the road?
Hidenori Inoue: Sometimes I miss that, but at the same time I was never home in those years, maybe one month a year.
Your Bremen debut will be Doctor Atomic in the role of Edward Teller. He is sort of an antagonist of Oppenheimer, was in favor of developing the hydrogen bomb and advocated rearmament even after the end of World War II. Have you read a lot about the historical person?
Hidenori Inoue: Now I do. Dr Teller was more scientifically advanced in a way than Oppenheimer, but also more dangerous. He never stopped thinking about making bombs.
From a musical point of view, what do you like about this part?
Hidenori Inoue: He is very consistent – musically and in the things he wanted. The music is multidimensional with tender and intense moments. I like these changes.
Your biography reveals quite little about you apart from your law degree. What do you do when you're not singing?
Hidenori Inoue: I love travelling and meeting new people, experience new cultures, new types of music. And I do a lot of scientific work, being interested in religion and spirituality.
Looking at the coming years in Bremen, what do are your hopes for the coming time?
Hidenori Inoue: I hope to be a part of this beautiful city and its beautiful people. And I want to make art and not just sing. I want people to be touched, I want offer them some distance from everyday life, while at the same time making them reflect on their life.