Was ist für dein System relevant? #1

Auf einen Spaziergang mit Hanna Mencz, 13 Jahre alt, Junge Akteurin in Für Vier und Young dogs do cry sometimes, das Interview führte Birgit Freitag aus dem Moks.

Was tust du gerade, was du normalerweise nicht tun würdest?

Hanna Mencz: Meine Mutter und ich haben uns ein Projekt ausgedacht, weil wir in unserer Wohnung eine Rumpelkammer haben. Die haben wir nun leer geräumt und das wird jetzt ein begehbarer Kleiderschrank, weil wir beide viel zu viele Klamotten haben. Außerdem habe ich vor meinen Fenstern Blumenkästen bepflanzt. Ich glaube, das hätte ich sonst nicht gemacht. Jetzt kann man denen so ein bisschen zugucken, wie die aufwachsen.

Was tust du, damit es dir gut geht gerade?

Hanna Mencz: Ich probiere, nicht so viel nachzudenken. Das ist nicht so leicht mit so viel Zeit.

Was ist jetzt gerade wichtig?

Hanna Mencz: Ich glaube tatsächlich, dass gerade Zusammenhalt ganz wichtig ist, zwischen den Menschen, zwischen Nachbarn, zwischen Freunden. Ich finde es auch toll, dass bei uns im Viertel so ein Gartenzaun ist, wo Freiwillige Essen hinhängen oder Klamotten für Obdachlose.

Und was ist überhaupt nicht wichtig gerade?

Hanna Mencz: Ich finde, dass es gerade überhaupt nicht wichtig ist, sich so verrückt zu machen.

Fehlt dir gerade was?

Hanna Mencz: Theater fehlt mir sehr und Freunde treffen, Menschen sehen.

Hast du etwas neu für dich entdeckt?

Hanna Mencz: Ich habe tatsächlich eine Zeit lang Handy-frei gemacht – relativ am Anfang, zweieinhalb Wochen lang. Und das hat mir total geholfen, weil es mir am Anfang echt schwer viel und ich so rumsaß und gedacht habe: Und jetzt? Was soll ich machen? Das habe ich für mich entdeckt: das auszuhalten und mit der Zeit was Schöneres anzufangen.

Und noch etwas, das ich für mich entdeckt habe: telefonieren. Mit so einem ganz normalen Telefon. Mich ins Bett setzen und vier Stunden telefonieren. Das ist super. Das finde ich viel besser als so komische Textnachrichten.

Was wird nach Corona wichtig sein?

Hanna Mencz: Was mich persönlich vor allem beschäftigt: Warum gehen wir eigentlich zur Schule, wenn es für viele zuhause auch funktioniert? Also für die Menschen, die zuhause Zugriff auf Internet haben und vielleicht auch für Jugendliche, die zuhause, wenn sie keine Lehrer um sich haben, Eltern haben, die sie unterstützen können. Ich höre das von so vielen, die sich tatsächlich zuhause jetzt viel besser konzentrieren können, viel mehr schaffen. Das wäre für mich was, was ich richtig toll fände. Wenn da ein bisschen mehr Spielraum wäre, wenn man ein bisschen mehr auch schauen könnte, was brauche ich eigentlich, was will ich, was geht für mich besser? Was hilft mir beim Lernen? Wenn man nicht so unbedingt so extrem an dieses Schulsystem gebunden ist.

Glaubst du, dass wir als Gesellschaft aus dieser Krise etwas lernen können?

Hanna Mencz: Aufeinander achten. In der Zeit merke ich das oft auf der Straße oder beim Einkaufen, dass Leute sehr, sehr freundlich sind und aufeinander achten und höflich sind.

Du bist ja an zwei Produktionen beteiligt, Young dogs und Für Vier, wo jetzt viele Vorstellungen und Festivaleinladungen ausfallen. Wie geht es dir damit?

Hanna Mencz: Ich finde das total schade, weil wir mit Für Vier auf Festivals gefahren wären und das wäre, glaube ich, eine neue Erfahrung gewesen, auf anderen Bühnen zu spielen, mal zusammen zu reisen. Da hab ich mich total drauf gefreut. Ich hoffe sehr, dass das nachgeholt wird. Und auch bei Young dogs: das ist hart, weil wir da so lange für geprobt haben und wir haben nur zwei Vorstellungen gespielt. Ich weiß nicht, ob die Vorstellungen in die nächste Spielzeit verschoben werden können. Das wäre natürlich toll.

Wenn es jetzt kein Corona mehr gäbe, was würdest du jetzt direkt nach unserem Interview am Liebsten tun?

Hanna Mencz: Ich bin ja jetzt schon hier im Brauhaus-Foyer. Ich würde gerne alle Menschen einladen und die dürfen alle noch drei andere Menschen mitbringen. Die könnten alle hierher kommen und wir machen eine Knuddelparty. Das ist mein Wunsch. Ja.