Was ist für dein System relevant? #3

Auf einen Spaziergang mit Rosanna Dommer, 14 Jahre, Junge Akteurin, mit der Produktion Like a Virgin hätte sie eigentlich im April Premiere gefeiert. Das Gespräch führte Christiane Renziehausen, Theaterpädagogin bei den Jungen Akteur*innen.

Was ist dein erster Gedanke, wenn du aufstehst?

Rosanna: Ich denke als erstes darüber nach, was ich machen möchte, welches Ziel ich mir für den Tag setze. Ob ich ein Lied schreibe, Stimmübungen oder Sport mache. Im Moment stelle ich mir immer um acht Uhr den Wecker, damit ich früh in den Tag starten kann, um ihn möglichst gut ausnutzen zu können.

Gibt es etwas, was du gerade tust, was du vorher noch nicht gemacht hast?

Rosanna: Ich versuche mir den Tag selbst zu strukturieren: früh aufzustehen, täglich rausgehen, um frische Luft zu schnappen und Gedanken verarbeiten zu können. Ich denke viel mehr nach. Und dann schaffe ich mir auch immer kleine Projekte, wie zum Beispiel den Kleiderschrank auszumisten. Oder ich überlege mir, was ich verändern kann und dann passieren solche Sachen, wie: Ich schneide mir einen Pony oder ich suche mir zehn coole Outfits raus, über die ich mich dann total freue.

Wie zufrieden bist du gerade?

Rosanna: Am Anfang der Corona-Beschränkungen dachte ich: „Oh Gott, das wird eine schlimme Zeit“, weil man viel weniger soziale Kontakte hat, keine Schule und kein Theater stattfindet. Dadurch kommt man ja in Kontakt mit vielen Menschen und das liebe ich. Und ich hatte schon immer Probleme damit, allein zu sein. Aber dadurch, dass ich jetzt so lange alleine war, hab ich die Angst vor dem Alleinsein bekämpft. Ich hab’s überwunden, so dass ich jetzt kein großes Problem mehr damit habe. Und ich es sogar genießen kann - zumindest wenn ich mir einen strukturierten Tag aufbauen kann.

Wie ist die Situation in deiner Familie?

Rosanna: Meine Mutter und Stiefmutter arbeiten und meine Schwester geht in die Schule. Aber nachmittags und abends sind wir dann alle Zuhause und dann machen wir was zusammen. Wir essen zusammen, machen auf der Terrasse Sport oder einen Spiele-Abend. Wenn ich bei meinem Vater bin, dann ist es ein bisschen anders. Er steht viel früher auf und geht früh ins Bett, wodurch mein ganzer Tagesrhythmus etwas anders ist.

Und ist es gut für dich so viel Zeit mit der Familie zu verbringen?

Rosanna: Es ist natürlich schön, so viel Zeit mit der Familie zu verbringen, aber es birgt auch Konflikte, wenn zum Beispiel Familienmitglieder unterschiedlicher Meinung darüber sind, wie streng man die Corona-Regeln einhalten sollte. Wie ernst man das Ganze nimmt. Meine Mutter hat sogar überlegt, ob es gut ist, wenn ich überhaupt einkaufen gehe. Obwohl es ja eigentlich mit Mundschutz erlaubt ist. Darüber haben wir viel diskutiert. Mein Papa ist da auf jeden Fall anders. Die Zeit wirft also viele Konflikte auf, aber das ist auch ganz gut, weil Konflikte kann man klären und dann kommt man sich ein Stückchen näher.

Wie ist denn deine Haltung zu den ganzen Maßnahmen?

Rosanna: Ich bin mir, ehrlich gesagt, ziemlich unsicher, was meine Haltung dazu ist, weil ich die Situation selbst nicht richtig einschätzen kann, wie schlimm das Ganze ist und ob das vielleicht doch einfach von den Medien hochgepusht wird. Es gibt ja total viele unterschiedliche Quellen und auch Verschwörungstheorien. Ich weiß auch nicht, ob die vielen Beschränkungen der richtige Weg sind. Ich finde es traurig und auch beängstigend, dass die Grundrechte so eingeschränkt werden. Andererseits möchte ich natürlich auch, dass es allen gut geht.

Glaubst du, dass diese Krise eine Chance für die Gesellschaft darstellt? Wie blickst du in die Zukunft?

Rosanna: Ich denke schon, dass die Krise positive Auswirkungen haben könnte. Es kann gut sein, dass viele Menschen es nun viel mehr wertschätzen zur Arbeit oder zur Schule zu gehen oder sich wieder treffen zu können. Bei mir ist auch immer noch ein Hoffnungsschimmer da, dass die Umwelt davon profitieren könnte. Ich würde mich voll freuen, wenn danach weniger Flugzeuge fliegen würden.

Hat die Situation deine Sicht auf Dinge verändert?

Rosanna: Ich merke auf jeden Fall, dass es mir leichter fällt zu lernen, wenn andere dabei sind, weil’s einfach einen sehr viel höheren Motivationsgrad für mich hat. Ich freu mich total darauf, wenn alles wieder anfängt und ich wieder zum Theater gehen kann.