Zucker, Milch und Licht
Ein Bericht zur Ausstellung MATERIALKARAMELL. Lucie Hedderich versucht Licht zu fangen und kocht 30 Kilo Zucker zu Karamell. Regieassistent Josef Zschornack hat sie bei der Arbeit besucht.
„Genieß den ersten Anblick“, sagt Lucie scherzhaft zu mir. Sie ist Bildende Künstlerin und Bühnenbildassistentin, ich bin Regieassistent und leiste ihr Gesellschaft im Malsaal des Theaters. Lucie kocht gerade zehn Kilo Zucker für ihre Ausstellung, ich schreibe diesen Text. „Let‘s go“, ruft sie und rennt mit einem heißen Topf Karamell quer durch den Raum. Und der Malsaal ist wirklich kein kleiner Raum. In der Regel ist er dafür bestimmt, dass in ihm den Bühnenbildern und bis zu sieben Meter großen Prospekten die richtige Farbe gegeben wird. Ein, wie ich finde, sehr faszinierender Ort in jedem Theater. Immer geprägt von riesigen Fenstern, damit mit natürlichem Licht gearbeitet werden kann.
Lucie schüttet ihren Topf flüssiges Karamell fast schon willkürlich über den Boden aus. Natürlich um diese goldbraune Masse in Kunst zu verwandeln.
Das Karamell verteilt sich langsam auf dem Boden, Lucie hilft ein wenig mit einem Spachtel nach. Die zähe Masse kommt langsam in Form, gerade rechtzeitig, bevor das Karamell erkaltet und aushärtet: „Wir können morgen schauen, ob das was geworden ist. Jetzt mach ich den Quader.“ Die Herdplatte wird wieder angeschmissen, die nächsten Packungen Zucker bereitgestellt. Lucie bereitet ihre Installation Materialkaramell in den Wallanlagen vor. Mit ihren Skulpturen geht es ihr darum, Licht einzufangen, Lucie Hedderich: „Licht ist für mich vor allem das, was uns die ganze Zeit umgibt. Hast du schon mal einen Tag erlebt, an dem das Licht genauso war wie am Tag davor? Es ist nie gleich.“ Ich stelle mir diese Arbeit nicht leicht vor.
Sobald ihre Installation aufgestellt oder aufgehangen ist, arbeiten und verformen sich die Objekte selbst.
Lucie schafft keine Formen, die von Dauer sind, sondern welche, die lebendig bleiben, sich stetig verändern und schließlich vergehen. Diese Lebendigkeit in jedem Objekt ist das Spannende. Die Skulpturen funktionierten nicht darüber, dass es einen Prozess gäbe, dessen Ergebnis vorherbestimmt werden könne, erklärt Lucie, oder der richtig oder falsch wäre. Jede der Skulpturen verhält sich anders, je nach den jeweiligen Bedingungen: dem Wetter, der Sonne, der Temperatur während des Schmelzvorgangs. Karamell kann wie Licht gebrochen werden, sich verformen, fließen und ist immer in Bewegung. Jeder Moment ist neu, alles wird immer anders, alles ist im Fluss …