Weil wir Teil dieser Gesellschaft sind
Der Februar ist Black Story Month. In Bremen jährt er sich zum zweiten Mal. Ferdaouss Adda, Referentin für interkulturelle Öffnung am Theater Bremen, hat mit den Bremer Organisator*innen gesprochen.
Der Februar ist Black Story Month. In Bremen jährt er sich zum zweiten Mal. Angefangen hat alles mit einer Initiative Schwarzer Menschen, die mit viel Eigeninitiative, Kraftaufwand und mit institutioneller Unterstützung, die erste Ausgabe (Black OurStory Month) in der Stadt möglich gemacht haben. Unter dem Motto AFROTOPIA Schwarze Visionen in Gegenwart und Zukunft lädt nun ein neu zusammengesetztes Kollektiv aus Bremen und der Region ein, den Monat vom 05. bis 28. Februar zu zelebrieren. Ferdaouss Adda, Referentin für interkulturelle Öffnung am Theater Bremen, hat mit Ahmed Ismail, Ela Fischer, Daniel Lopetta, Ricarda von Asseburg und Sally Jones gesprochen: über die Motivation sich zu organisieren, über die Entstehung des Programms und über Wünsche für die Zukunft.
Ihr seid Teil eines achtköpfigen Teams, das in den letzten Monaten intensiv an der Gestaltung des Black Story Month 2021 gearbeitet hat. Mögt ihr euch vorstellen? Was macht ihr so im Alltag?
Ahmed Ismail: Ich bringe mich in Vereinen, aktivistischen Gruppen und Initiativen, wie „Zukunft ist Bunt“, ein und dieses Jahr mache ich mein Abi.
Ela Fischer: Wenn ich nicht mit der Waschmaschine flirte und mit dem Staubsauger intensive Gespräche habe, schreibe ich Pop-Songs, die ich manchmal auf Bremer Bühnen präsentiere. Das ist allerdings nur mein Zeitvertreib und die Veränderung des Nervenzusammenbruchs. Dieser latente, sich immer ankündigende Nervenzusammenbruch hat dazu geführt, dass ich am Theater Bremen zu Gast sein darf und dadurch, glaube ich, einfach mein Dasein auf eine positive Weise nochmal Flügel bekommen hat. Diese Flügel haben mich irgendwann zu Ahmed gebracht, weil ich den Slam im Lagerhaus betreue und wir über Slam poetisch in Kontakt gekommen sind. Und irgendwann habe ich meinen Platz gefunden und dachte, okay, ich versuche, so gut ich kann, meine Prüfung zur Veranstaltungskauffrau dieses Jahr als Externe zu machen und könnte doch jetzt ein Praktikum bei „Zukunft ist Bunt“ machen mit ganz vielen tollen Menschen.
Daniel Lopetta: Ich bin zum ersten Mal beim Black Story Month dabei. Ansonsten promoviere ich in theoretischer Informatik.
Ricarda von Asseburg: Ich bin auch das erste Mal beim Black Story Month, studiere digitale Medienproduktion und bin in diesem Feld auch tätig.
Sally Jones: Ich bin die Einzige, die gar nicht Bremerin ist. Ich bin alleinerziehende Mutter von drei Kindern und wohne in Worpswede. Zur Gruppe kam ich dazu, weil Ahmed mich letztes Jahr gefragt hat, ob ich mir vorstellen könne, mitzumachen, unter anderem einen Kochworkshop anzubieten. Außer, dass ich Mutter bin und gerade Corona-mäßig beschäftigt bin mit Homeschooling, habe ich mich gerade selbstständig gemacht und einen Online-Shop eröffnet für afrikanische Kunst und Kulturgüter.
Wie ist die Idee entstanden, den Black Story Month auszurichten? Wie habt ihr euch zusammengefunden und organisiert?
Sally Jones: Die treibende Kraft war auf jeden Fall Ahmed, weil er auch in der Gruppe war, die letztes Jahr den Black OurStory Month organisiert hat. Er wollte das weiter leben lassen und Schwarzen Menschen weiterhin die Möglichkeit und Plattform bieten, sich auszutauschen. So hat er uns alle zusammengeführt aus ganz verschiedenen Ecken. Ahmed ist, glaube ich, sehr gut darin, genau die richtigen Menschen zusammen zu bringen. Und bis jetzt ist es richtig gut.
Ahmed, wie war das für dich? Wie hast du dein Netzwerk aktivieren und motivieren können mitzumachen?
Ahmed Ismail: Die Idee dafür hatte ich schon vor vier Jahren, weil es in Bremen damals keinen Black Story Month gab oder etwas vergleichbares, das sich für Schwarze Sichtbarkeiten einsetzte. Ich bin extra nach Hamburg gefahren, um den Black History Month zu zelebrieren. Dort habe ich mich mit anderen, tollen Schwarzen Menschen vernetzt, später auch in Berlin. Diese Idee habe ich also mitgenommen, in der Hoffnung, sie irgendwann auch in Bremen realisieren zu können. Ich habe Schwarze Bekannte von mir angefragt, ob wir das gemeinsam auf die Beine stellen wollen. Das scheiterte aber an den vorhandenen Kapazitäten. Als ich letztes Jahr aus Kenia zurückgekehrt bin, habe ich festgestellt, dass die Idee real wurde. Meine Kolleg*innen hatten sich entschlossen, den Black OurStory Month in Bremen zu organisieren. Ich war total erleichtert und glücklich. Der Black Story Month liegt mir am Herzen, um Schwarze Menschen zusammenzubringen und unsere Perspektiven sichtbar zu machen. Mir ist ganz wichtig, dass unsere Stimmen ernst genommen, gehört und repräsentiert werden, weil wir Teil dieser Gesellschaft sind.
Wurdet ihr bei der Organisation von den Netzwerken aus Hamburg und Berlin unterstützt?
Ahmed Ismail: Das war eine ideelle Unterstützung. Wir haben uns ausgetauscht, zum Beispiel darüber, welche Veranstaltungen wir planen können.
Als sich euer Bremer Netzwerk zusammengefunden hat, wie habt ihr euch koordiniert, um den Black Story Month zu gestalten, gerade in Corona-Zeiten?
Sally Jones: Das erste Treffen konnten wir noch alle in einem Raum abhalten, mit großem Abstand zueinander. Wir waren, glaube ich, zu fünft. Und dann haben wir, wie viele andere im Moment auch, gezoomt ohne Ende (lacht).
Um das Programm realisieren zu können, braucht es auch finanzielle Ressourcen. Ihr habt euch hier zum Beispiel aktiv an mich und meine Bremer 360°-Kolleg*innen von der Kunsthalle, Stadtbibliothek und dem Focke Museum gewandt. Habt ihr weitere Unterstützung bekommen können?
Ahmed Ismail: Neben der Unterstützung durch 360° haben wir jeweils ein Budget vom Afrika Netzwerk Bremen und von Junges Engagement bekommen. Und dann gibt es noch weitere Kooperationspartner, wie das Kulturzentrum Lagerhaus und die Schwankhalle.
Der Bremer Black Story Month 2021 startet mit einem Eröffnungskonzert. Wenn ihr jetzt zurückblickt, wie fühlt ihr euch? Sally, du lachst …
Sally Jones: Ja, weil hier auf einmal so eine Stille herrscht … Also ich bin sehr glücklich, freue mich wahnsinnig und bin gleichzeitig auch total aufgeregt, weil da so vieles dazu kommt, das ich noch nie gemacht habe. Bei manchen Dingen war es teilweise echt hart, zum Beispiel der Kindertag. Ausgerechnet der Kindertag war mein Sorgenkind und ist ein paar Mal fast aus dem Programm rausgeflogen, weil da die Mittel fehlten. Dann gab es immer mal wieder eine Person, die gesagt hat „Wisst ihr was, ich leite diesen Workshop ehrenamtlich und nehme dafür kein Honorar“. Oder die Black Community Foundation hat beim Antragstellen unterstützt, um doch noch ein bisschen Geld zu bekommen für die Bücher und Lesung für Kinder. Deshalb freue ich mich auf das gesamte Programm und vor allem darüber, dass hier ein so tolles Team entstanden ist, eine angenehme Gemeinschaft, bei der man einfach merkt, dass das erst der Anfang ist und hier wirklich schöne Sachen wachsen und wachsen können.
Euer Engagement ist wertvoll für die gesamte Gesellschaft. Was würdet ihr euch wünschen für die Zukunft?
Ela Fischer: Ich würde mir wünschen, dass der Black Story Month langfristig einfach ein selbstverständlicher Termin ist in der Stadt bzw. im Land Bremen, dass die verschiedenen Kulturschaffenden und Kulturzentren schon darauf eingestellt sind und dann automatisch mit uns im Gespräch bleiben. Ich würde mir wünschen, dass es im Bereich der Akquise von Mitteln langfristiger durch eine tatsächliche Erprobung dessen, was man macht, zu einer Vereinfachung kommt. Worauf ich mich freuen würde, ist mit dem Team weiterzumachen.
Daniel Lopetta: Ich stimme Ela vollkommen zu und würde hinzufügen wollen, das Kernteam um zwei Personen zu erweitern, wenn der Black Story Month nächstes Jahr stattfinden sollte.
Was ist euch in der Zusammenarbeit mit den Institutionen wichtig? Auch in Hinblick auf Langfristigkeit.
Sally Jones: Dass unsere Kompetenz, die wir gezeigt haben, anerkannt wird und uns deshalb auch das Vertrauen geschenkt wird, dass wir das Geld, das wir von den Institutionen bekommen, auch die Räumlichkeiten und andere Mittel wohl zu nutzen wissen. Das war etwas, was uns dieses Jahr beschäftigt hat. Zum Beispiel: Können wir uns die Zusammenarbeit wirklich vorstellen? Darf in einem Raum auch nur etwas für Schwarze Menschen stattfinden? Oder sagen sie dann, nein, tut uns leid, die Veranstaltung läuft hier nicht, das muss hier schon für alle sein? Haben sie überhaupt ein Gespür und ein Verständnis dafür, wo alles herrührt? Warum wir diese Veranstaltungen und diese Safer Spaces, die nur für Schwarze Menschen sind, brauchen? Das ist ganz wichtig. Ich glaube, das kommt aber auch allein dadurch, weil wir es dieses Jahr gemacht haben und dann hat man schon mal eine bessere Basis. Darauf baut es sich dann nach und nach auf.