Schauspiel
Kleines Haus / fällt aus
Der Zauberer von Öz – Eine Fußballtragödie
Uraufführung
von Akın Emanuel Şipal
Achtung: Diese Vorstellung muss leider krankheitsbedingt entfallen. Bereits gekaufte Karten können an der Theaterkasse umgetauscht oder zurückerstattet werden.
„My job is a football player and not a politician.“ (Mesut Özil) — Mesut Özil ist vieles zugleich: Ballkünstler, Weltmeister, Identifikationsfigur, Posterboy für Integration, Sündenbock, Skandalfigur. Seine Geschichte spiegelt die Spannungen eines Landes wider, das mit seiner Vorstellung von Zugehörigkeit hadert. Während Özil wenig über sein Leben preisgab, urteilte die Öffentlichkeit umso lauter – über seine Körpersprache, seine Kunst am Ball, seine politischen und religiösen Einstellungen, seine Loyalität. Geboren in Gelsenkirchen, wird er mit 17 Profi bei Schalke. Unzufrieden wechselt er zu Werder Bremen, wo er sein erstes Bundesliga-Tor schießt. Er tauscht den türkischen gegen den deutschen Pass und wird dafür gefeiert und ausgepfiffen zugleich. 2010 erhält er den Bambi für Integration, vier Jahre später wird er Weltmeister. 2018 verändert alles: Das Foto mit Erdoğan löst eine Welle der Empörung aus, Özil schweigt dazu. Nach neun Jahren tritt Özil aus der Nationalelf zurück: 92 Spiele, 23 Tore, 40 Vorlagen, ein WM-Titel – und viel Hass. Er rechnet mit dem DFB, den Medien und Sponsoren ab, wirft ihnen Doppelmoral und Rassismus vor. Heute lebt er in Istanbul, seine politischen Positionen gelten als umstritten. Özils Geschichte changiert zwischen Opfer und Täter, Vorbild und Provokateur. Der Fall erzählt von Deutschland und seinen Rissen, von Projektionen und Leistungsdruck. In „Der Zauberer von Öz“ verwandelt Akın Emanuel Şipal diese Biografie in eine märchenhafte multiperspektivische Reise, in der Zauberkräfte auf Popkultur, Sport und Politik treffen. Özil begibt sich auf eine (alb)traumartige Rückschau auf seine Karriere – heimgesucht von den Geistern der Vergangenheit. In der Regie von Aram Tafreshian kommen Machtverhältnisse, Integrationsdiskurse und die Fliehkräfte unserer Gesellschaft in ihrer Absurdität auf die Bühne, wo sie in feinen Zwischenräumen zur Debatte stehen. Der Abend wechselt blitzschnell und fragmentarisch zwischen Genres und Blickwinkeln und erzählt dabei mehr über die Beobachtenden als über das Beobachtete.
Präsentiert von Bremen Zwei.
- Seyrane Ay, Martin Baum, Manolo Bertling, Arian Bünnagel, Yelda Dinc, Judith Goldberg, Lisa Guth, Sofia Iordanskaya, Ruben Sabel, Ella Olivia Bender Semerci, Rainer Steinhaus, Asya Utku, Sumeyra Uygun, Bernd Wellbrock
Regie Aram Tafreshian
Bühne und Kostüme Susanne Brendel
Video Rafael Ossami Saidy
Musik Ella Olivia Bender Semerci
Licht Joachim Grindel
Dramaturgie Franziska Benack, Lea Goebel
Outside Eye Marianne Seidler
- „‚Der Zauberer von Öz‘ […] kreist um Fragen der Identität, erkundet die Durchlässigkeit einer Gesellschaft, die gerade heute wieder mit verschärfter Rhetorik diskutiert wird – gerade erst brüstete sich ja der amtierende Kanzler Migration mit einer Reduktion der Zuwanderung. In diese nach wie vor relevanten Diskussionen werfen sich Aram Tafreshian und das sicherlich nicht zufällig sehr diverse Ensemble auf allen Ebenen, denen Susanne Brendel ein entsprechend vielschichtiges Bühnenbild bereitet hat.“ (Andreas Schnell, nachtkritik, 17. Oktober 2025)
„Zu sehen ist Fußballspieler Mesut Özil als Projektionsfläche einer Gesellschaft. Entsprechend ist die Bühne mit einer großen Video-Leinwand und mehreren Bildschirmen bestückt. Der Medien-Hype um Özil wird mit Live-Kameras reproduziert, die das Geschehen auf der Bühne filmen und auf die Projektionsflächen übertragen. […] Die Musikerin Ella Olivia Bender Semerci sorgt für einen abwechslungsreichen und stimmigen Soundtrack.“ (Christine Gorny, Bremen Zwei, 17. Oktober 2025)
„Akın Emanuel Şipal nutzt die Biografie von Mesut Özil als Projektionsfläche, um von der Suche nach Identität, von alltäglichem Rassismus, von einem Deutschland zu erzählen, das sich nach wie vor schwertut mit dem Thema Einwanderung und Integration. […] So entsteht ein zwar anstrengender, aber lohnender und unterhaltsamer Theaterabend.“ (Iris Hetscher, Weser-Kurier, 18. Oktober 2025)
„Die Uraufführung in Bremen zeigt 14 Männer und Frauen auf der Bühne, von denen sich die meisten hin und wieder zu einem Chor formieren und dabei auch mal das deutsche Nationaltrikot und schwarzrotgoldenen Halsschmuck tragen. Manchmal stellen Frauen die Theaterversion des Fußballspielers Mesut Özil dar, am deutlichsten aber der Schauspieler Ruben Sabel, der einen freundlichen, souveränen, ausgeruhten Eindruck macht. Er gibt einen lässigen Spielführer ab, könnte man sagen.“ (Wolfgang Höbel, Der Spiegel, 17. Oktober 2025)
„In der Uraufführung ‚Der Zauberer von Öz – Eine Fussballtragödie‘ von Akın Emanuel Şipal am Theater Bremen durchleuchtet Regisseur Aram Tafreshian die Karriere Mesut Özils vom Ruhrpott-Kicker zum Weltstar, der sich im Nationalismus verliert. Ein beispielhafter Abend über Irrtümer der Integration, der zwischen prägnanter Verdichtung und dem Verrennen in spielerische Ideen changiert.“ (Michael Laages, Die deutsche Bühne, 17. Oktober 2025)
„Eine vielschichtige Angelegenheit, multiperspektivisch erzählt – was im Kleinen Haus (Bühne und Kostüme: Susanne Brendel) auch optisch deutlich wird. Live-Kamera, Videowand, Übertitel in englischer, deutscher und türkischer Sprache. […] In den Fragen, die Şipals Stück am Beispiel Özils zu den Themen Identifikation und Integration stellt, reicht der knapp zweistündige, pausenlose Abend weit über den Fußball hinaus – in unsere Gegenwart.“ (Thomas Kuzaj, Kreiszeitung, 18. Oktober 2025)
„Abgeschlagen liegt er dort in der Kulisse, der überdimensionale Kopf eines Rehs. Dieses kitschige Relikt, das auffällig unauffällig auf jenen bizarren Moment aus dem Jahr 2010 anspielt, in dem Mesut Özil mit dem Integrations-Bambi ausgezeichnet wurde. Ein Symbol für ein öffentliches Leben, das stets mit Symbolen überfrachtet wurde und in dem die Hauptfigur aber eigentlich genau dazu nie taugte: zur Symbolfigur. Doch er wurde sie. Auf etlichen Ebenen. Und in genau diesem Spannungsfeld bewegt sich das Stück ‚Der Zauberer von Öz – eine Fußballtragödie.‘“ (Malte Bürger, Deichstube, 19. Oktober 2025) - In der Inszenierung werden nationalistische, rassistische, anti-slawistische und antisemitische Ausdrücke auf der Bühne verwendet. Rassismus und Ausgrenzung werden thematisiert. In einer Videosequenz werden gewalttätige Handlungen (mit Blut) dargestellt, im Video gibt es auch flackernde Lichteffekte.