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Schauspiel

Theater am Goetheplatz

Drei Schwestern

von Anton Tschechow
Regie und Bühne: Dušan David Pařízek

„Würde Russland von seiner Vergangenheit eingeholt werden, wäre unsere Vergangenheit unsere Zukunft.“ (Vladimir Sorokin) — Langsam und unaufhörlich spaziert das Leben vorbei, besonders, wenn man wartet. Wehmütig schaut man dem Vorüberziehen der Tage zu und bleibt, bis die Zukunft zur Vergangenheit wird und die Träume zur Erinnerung an sie. Die drei Schwestern Olga, Mascha und Irina führen ein Leben in der Provinz, in dem die Gegenwart nichts ist als lustlos vollzogener Alltag. Derweil sehnen sie sich nach Moskau. Nur die Zeit bleibt in Bewegung – und der Blick zurück raubt alle Lebensgeister. Der vielfach ausgezeichnete Regisseur Dušan David Pařízek hat in Bremen mit „Die zehn Gebote“ bereits einen messerscharfen Abend über moralische Fragen inszeniert und besetzt die „Drei Schwestern“ nun mit Schauspielerinnen, die eher zurück als nach vorne blicken. Ihre Geschichte ist ein Prozess der Bewusstwerdung, eine Selbstbefragung des menschlichen Lebens mit seinen uneinlösbaren Utopien. Älter werden kann eine wundervolle Sache sein, wenn man nicht verlernt, was Anfangen heißt.

    Zwei Personen sitzen auf dem Boden, die eine hält der anderen ein Mikrofon hin. Hinter ihnen stehen vier Menschen, einer hält eine große Trommel.
    Zwei Schauspielerinnen sitzen auf dem Boden. Um sie herum ist alles dunkel. Beide tragen Kleider und blonde Langhaarperücken.
    Ein Schauspieler steht vorn auf der Bühne. Hinter ihm tanzt eine Schauspielerin in einem weißen Kleid.
    Drei Schauspielerinnen mit blonden Perücken sitzen vorn auf der Bühne. Neben ihnen liegen Mohnblumen. Hinten reißt eine Schauspielerin lange Papierbahnen von einem Holzgestell.
    Eine Schauspielerin und ein Schauspieler sitzen eng nebeneinander auf dem Boden. Ihre Köpfe lehnen aneinander. Neben ihnen steht ein goldener Samowar.
    Eine Schauspielerin hat eine lange Papierbahn im Arm, sie ist mitten in einer Bewegung. Die Bühne hinter ihr ist rot und gelb angestrahlt.
    Eine Schauspielerin steht auf einer dunklen Bühne. In der Hand hält sie eine Mohnblume. Vor ihr stehen viele Mohnenblumen.
    Ein Schauspieler in einem plüschigen Bienenkostüm steht auf der Bühne. Auf eine Papierbahn hinter ihm ist ein Satz projeziert: Ich leide, also bin ich.
    Zwei Schauspieler stehen sich gegenüber. Der eine schubst den anderen mit der Hand von sich weg.
    Eine Schauspielerin sitzt auf dem Boden. Neben ihr liegen abgerissene Papierbahnen.
  • Verena Reichhardt, Peter Fasching, Irene Kleinschmidt, Anna Zaorska, Lisa Guth, Matthieu Svetchine, Martin Baum, Alexander Swoboda

    Regie Dušan David Pařízek
    Bühne Dušan David Pařízek
    Kostüme Mara Zechendorff
    Licht Joachim Grindel
    Musik Peter Fasching
    Dramaturgie Viktorie Knotková
  • „In die gelungene Inszenierung von Dusan David Parizek am Theater Bremen hat sich der russische Angriffskrieg auf die Ukraine eingeschlichen. […] Vor diesem Hintergrund präsentiert sich das Bremer Ensemble nun in Höchstform. Der Clou hier: Wie mit Verena Reichhardt und Irene Kleinschmidt zwei ältere Semester über ihr Leid als früh verbrauchte Twentyseomethings klagen. Während Lisa Guth als bösartige Schwägerin den Laden mit fühlbarer Fiesheit unter ihre Kontrolle bekommt und dabei schauspielerisch unter Beweis stellt, dass provinzielle Dumpfheit und aggressive Allmachtsfantasien mitunter das Gleiche sind. […] Bleiben noch die Herren, die nochmal ein paar Schippen drauflegen auf ihre im Text angelegten Krisen, woraus tatsächlich eine schillernde und tieftraurige Parade brüchiger Männlichkeit erwächst.“ (Jan-Paul Koopmann, taz, 31. August 2022)

    „Der Abend erweist sich so als interessant disparat. Er ächzt unter seinen widrigen Entstehungsbedingungen, er knirscht unter seiner pessimistische Weltsicht, aber er schillert auch in seiner inhaltlichen Schärfe; und die minimalistische Ästhetik tut ihr Übriges für ein ziemlich konsequentes Ergebnis: schwer zugänglich, hermetisch, aber eben durchaus eine politisch kluge Gegenwartsanalyse.“ (Falk Schreiber, Theater heute, Oktober 2022)

    „Doch insbesondere der feine Humor, der an den richtigen Stellen aufblitzt und alle Tristesse kurz vergessen macht, sowie das Ensemble, das aufopferungsvoll auf den Punkt spielt, machen diesen Abend sehenswert. Das honoriert auch das Bremer Publikum mit einem lang anhaltenden Applaus.“ (Simon Wilke, Weser-Kurier, 30. August 2022)

    „Verena Reichhardt ist als Olga eine großartig sarkastische Komödiantin. […] Irene Kleinschmidt gibt die Irina einsam vergrübelt in ihrer Hoffnungslosigkeit. […] Alle Figuren verzweifeln irgendwie an der Differenz zwischen ihrem aufgeblähten Selbstverständnis und der jämmerlichen Realität – das könnte als Analogie gemeint sein zu Russlands Weltmachtstolz, der mit der geopolitischen und ökonomischen Wirklichkeit kollidiert. […] Wozu Parízek aber das blendend aufgelegte Ensemble gecoacht hat, ist beeindruckend genug für einen sehenswerten Abend.“ (Jens Fischer, nachtkritik, 29. August 2022)

    „Die Regie will ja den originalen Tschechow von 1901 etwas angestrengt auch als aktuellen Russlandkommentar verstanden wissen, so will die Inszenierung ziemlich viel, hat aber auch deutlich mit strukturellen Problemen zu kämpfen, nie wirkt sie deshalb wie aus einem Guss. Dass sie schließlich dennoch so einhellig bejubelt, ja geradezu zum Fest wird fürs in der Tat sehr überzeugende Bremer Ensemble, ist ein weiteres sehr gutes Zeichen zum Beginn der Spielzeit.“ (Michael Laages, Deutschlandfunk, Kultur heute, 29. August 2022)

    „Der tschechische Regisseur Dušan David Pařízek hat sich bei seiner Inszenierung viel Beinfreiheit verschafft. Bei ihm blicken die Schwestern als reife Frauen auf ihr Leben zurück, im Originalstück sind sie jünger, in ihren Zwanzigern. […] Musik spielt eine große Rolle – vom russischen Autorenlied bis zum deutschen Schlager. Immer wieder wird es witzig oder ironisch. […] Inhaltlich wurde das Stück auf jeden Fall moderner und diverser gestaltet – aber für das Publikum auch verwirrender.“ (Christine Gorny, Bremen Zwei, 29. August 2022)

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