Musiktheater

Theater am Goetheplatz

Die Fledermaus

Komische Operette in drei Akten von Johann Strauß
Text von Carl Haffner und Richard Genée
in einer Bearbeitung von Tobias Haberkorn
Musikalische Leitung: Yoel Gamzou
Regie: Felix Rothenhäusler

„Es ist das Ziel der Feier, uns in Tiere zu verwandeln.“ (Michel Houellebecq) — Es soll gefeiert werden; am besten zügellos und ohne Rücksicht auf bürgerliche Realitäten und Verbindungen. Ein reizvolles und durchaus nachvollziehbares Vorhaben, vor allem wenn man wie Eisenstein eine Haftstrafe anzutreten hat. Zwei Dinge ahnt er allerdings nicht: Dass Gattin Rosalinde und Zofe Adele ähnliche Pläne umtreiben und dass nicht nur die Justiz, sondern auch Dr. Falke noch eine Rechnung mit ihm offen hat. Auf dem Maskenball des Grafen Orlofsky eskaliert das inszenierte Rachespiel. Hier treffen alle zusammen: Leute, die sich kennen und nicht erkennen, andere, die sich erkennen, aber nicht kennen wollen. Es gibt falsche Titel und echte Verkleidungen, Künstlerinnen, die keine sind, betrunkene Beamte – und ein Motto, das seine volle Bedeutung erst offenbart, wenn Rausch, Verstellung und Verwicklung der Ernüchterung weichen: „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist“. Strauß’ „Fledermaus“ ist ein klingender Ausnahmezustand, dessen Tempo und komödiantische Motorik Regisseur Felix Rothenhäusler freilegen und mit minimalen Mitteln in Szene setzen wird.

  • „[…] Szenischer Minimalismus, eine ausgefeilte Figurenaufstellung, das ausgeprägte und sichtliche Interesse daran, dem Text das Gewand der Gewohnheit abzuziehen – das lässt sich auch in Rothenhäuslers Inszenierung der „Fledermaus“ von Johann Strauß beobachten. […] Aber wie ist sie denn nun, die Rothenhäusler-Intervention? Kurz gesagt: Sie ist analytisch, sie ist hoch raffiniert, und sie macht sehr viel Spaß. Was natürlich auch mit der Musik zu tun hat. Generalmusikdirektor Yoel Gamzou, der das Werk zu seinen Favoriten zählt, lässt die Bremer Philharmoniker hinreißend präzise aufspielen, arbeitet mit virtuosen Differenzierungen in Tempi und Dynamik – und dann diese Stimmen!
    Birger Radde beispielsweise als Gabriel von Eisenstein und Patrica Andress als dessen Gemahlin – zumindest stimmlich, wenn schon nicht dem Libretto gemäß, ein veritables Traumpaar. Oder Ulrike Mayer als überdrüssiger Prinz Orlofsky. Und natürlich Hyojong Kim als Eisensteins Nebenbuhler Alfred, Marysol Schalit als Adele […].
    Statt irgendwelcher Fin-de-siecle-Möbel sehen wir: nichts. Bis schon bald ein extrem raffiniertes Vorhang-Ballett einsetzt. […] Bühnenbildnerin Katharina Pia Schütz lässt den schimmernden Stoff auf mehr als einem Dutzend Ebenen fließen, das Geschehen ver- und enthüllen. Schon allein das ist eine Schau. Hinter den Vorhängen arrangiert Rothenhäusler das Personal immer wieder neu […] Was übrigens auch eine reizvolle Neufassung des Stellungsspiels ist, das Rothenhäusler zu einer Art Grundprinzip seiner Arbeit gemacht hat. Diese relative Statik ist, neben der Abwesenheit von Kulissenkitsch, ein wesentliches distanzierendes Moment. Dazu kommt noch die neue Fassung der Dialoge zwischen den bekannten Arien, die der Regisseur extra trocken referieren lässt. […] Auch deswegen sei diese Aufführung ausdrücklich empfohlen.“ (Rolf Stein, Kreiszeitung, 02.04.18)

    „[…] Schon die mit vielen Generalpausen sehr individuell gestaltete Ouvertüre überzeugt, auch im eigenwilligen, aber gekonnten Spiel mit Tempowechseln. Gamzou gelingt eine schmissige, mitreißende Interpretation, geprägt von feinem Sinn für Details und nie versiegender Intensität […]. Rein musikalisch überzeugt die Produktion auch mit einem homogen besetzten Sängerensemble, allen voran Patricia Andress mit ihrem temperamentvollen Csardas als Rosalinde. Aber auch Birger Radde als viriler Eisenstein, Ulrike Mayer als Orlofsky, Marysol Schalit als freche Adele und Marian Müller als Dr. Falke machen ihre Sache gut […].“ (Wolfgang Denker, nwz online, 03.04.2018)

    „[…] Musikalisch war der Abend großartig. Das liegt vor allem am schmissigen Dirigat von Generalmusikdirektor Yoel Gamzou. Auch die Sänger haben Fantastisches geleistet, wie etwa Birger Radde als Gabriel von Eistenstein. Großartig![…] Mich hat Rothenhäuslers zerstörerische Perspektive […] intellektuell amüsiert […] So eine ‚Fledermaus‘ sieht man nicht alle Tage.“ (Tomasz Kurianowicz, Radio Bremen Zwei, 01.04.2018)

    „[…] Die Straußsche Musik ist es, die für die belebenden Momente […] sorgt. Am Pult der souverän aufspielenden Bremer Philharmoniker steht Yoel Gamzou, der gleich die berühmte Ouvertüre zum Ohrenschmaus werden lässt, mit gezielt gesetzten Pausen, Verzögerungen, glänzend durchdachter Dynamik. Sofort gibt es Szenenapplaus, was sich nach jeder Arie vorsetzt. Gesungen wird, passend zur Inszenierung, wenig warm, aber strahlend und technisch äußerst ausgefeilt. Vor allem Patricia Andress brilliert als Rosalinde, Marysol Schalit ist eine wunderbar sichere Adele, Birger Radde überzeugt als Eisenstein und Hyojong Kim als Alfred. Alice Meregaglia hat dafür gesorgt, dass die Chorpartien den Sängern ein gutes Fundament bieten. Viel Applaus für Sänger, Orchester, den Dirigenten und den Chor. […]“ (Iris Hetscher, Weser Kurier, 03.04.2018)

    „[…] Allerdings eröffnet es der Musik, die geschickt Tänze aneinanderreiht, alle Türen, weil in dieser Aufführung sie es ist, die uns Humor, Emotionen, Zynismen, Zärtlichkeit, Ironie, einfach alles regelrecht um die Ohren haut. Der Dirigent Yoel Gamzou hat im Vorfeld viel von ihr geschwärmt und wartet mit dem intensiv-präsenten Orchester mit einer verführerischen Biegsamkeit auf. In der von den besten Orchestern gefürchteten Ouvertüre präsentiert er derartig ruckartige Abrisse, dass der Akzent wie später auch auf dem Fragmentarischen liegt. Die SängerInnen-Riege ist erstklassig: Birger Radde als Eisenstein, Patricia Andress als Rosalinde, Marysol Schalit als Adele, Ulrike Mayer als Prinz Orlovsky, Hyojong Kim als Alfred. Der Beifall nach der zweiten Aufführung war kurz und herzlich.“ (Ute Schalz-Laurenze, Neue Musik Zeitung Online, 03.04.2018)